Kinder- und Jugendschutzkonzept des DKSB OV Detmold e.V.
1. Vorwort
Gemeinhin gelten Einrichtungen wie Schulen, Kindertagesstätten, Vereine, stationäre, aber auch offene Kinder- und Jugendarbeit etc. als Orte, an denen Kinder und Jugendliche einen besonderen Schutz genießen. Nicht erst die seit 2010 vermehrt veröffentlichten Berichte über Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen (zum Beispiel in der Odenwaldschule oder im Canisius Kolleg) haben deutlich gemacht, dass Kinder und Jugendliche auch in Einrichtungen, die eigentlich deren Schutz dienen sollten, gefährdet sein können, durch deren Mitarbeiter*innen sexualisierte, aber auch körperliche und emotionale Gewalt zu erleiden.
Wir schätzen uns in unserem Verein sehr glücklich, dass wir hiervon selbst noch nicht betroffen waren. Dennoch ist uns selbstverständlich bewusst, dass kein Verein Machtmissbrauch oder jegliche Gewalt gegen Kinder und Jugendliche durch eigene Mitarbeiter*innen zu 100% ausschließen kann. Es müssen sich aber alle Einrichtungen daran messen lassen, was sie getan haben, derzeit tun und zukünftig tun werden, um solche Verbrechen zumindest zu erschweren und wie sie sich im Verdachtsfall verhalten. Bereits seit 58 Jahren setzt sich der Kinderschutzbund (DKSB) Detmold für den Schutz von Kindern und Jugendlichen auch in den eigenen Eirichtungen ein. Zukünftig werden wir uns engagiert dafür einsetzten den Schutz der uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen noch weiter zu verbessern.
Selbstverständlich haben wir in unserer Kinderschutzarbeit auch andere schutz- und hilfsbedürftige Menschen im Blick. Auch diesen begegnen wir mit Verständnis für ihre Situation und mit Achtung vor ihren Fähigkeiten (s. Leitbild unseres Verbandes).
Im vorliegenden Kinder- und Jugendschutzkonzept haben wir alle relevanten Aspekte in Bezug auf Haltungen, Werte, Strukturen und Aktivitäten zusammengestellt, Alle haupt-, neben- und ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen unseres Vereins sind dem Kinder- und Jugendschutzkonzept in ihrer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen verpflichtet.
2. Grundlagen unserer Kinder- und Jugendschutzarbeit
2.1 Unsere Zielsetzung
Unser Ortsverband tritt als Teil des Gesamtverbandes Kinderschutzbund für eine kinderfreundliche Gesellschaft und dabei insbesondere für das Aufwachsen aller Kinder und Jugendlichen in Gewaltfreiheit ein. Wir arbeiten parteilich für Kinder und Jugendliche. Unsere Kinderschutzarbeit basiert auf gesetzlichen Vorgaben, Handlungsleitlinien unseres Dachverbandes, Vereinbarungen mit der Stadt Detmold und natürlich unserem Kinder- und Jugendschutzkonzept.
2.2 Unsere Satzung
Die Satzung eines jeden gemeinnützigen Vereins enthält den sogenannten Zweckparagrafen. Dieser verweist auf den Zweck der Vereinsarbeit und verdeutlicht, wie der Verein diese Ziele erreichen will. Im Anhang, wie auch auf unsere Homepage finden Sie diesen Zweckparagrafen unserer Satzung.
2.3 Das Leitbild unseres Verbandes
Unser Leitbild entspricht dem Leitbild des Dachverbandes und kann auf unserer Homepage, aber auch der Homepage des Kinderschutzbundes Bundesverband nachgelesen werden. Anders als die Satzung spiegelt das Leitbild auch unsere Haltung, die unserer Arbeit zugrunde liegt. Diese basiert auf Parteilichkeit, Prävention, Kooperation und Partizipation und setzt Achtung und Wertschätzung für alle Interaktionspartner voraus.
2.4 Die UN-Kinderrechtskonvention
Die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen stellt die zentrale rechtliche Grundlage unserer Kinderschutzarbeit dar. Danach hat jedes Kind und jede*r Jugendliche unter anderem das Recht auf Entwicklung, Versorgung, Schutz und Mitwirkung. Die Bundesrepublik Deutschland hat die Kinderrechtskonvention im April 1992 ratifiziert, allerdings versehen mit einigen Erklärungen, die diese Verpflichtungen aus der Konvention einschränkten. Erst im Jahr 2010 nahm die Bundesrepublik ihre Vorbehalte zurück und ratifizierte die Konvention somit uneingeschränkt.
2.5 SGB VIII und Bundeskinderschutzgesetz
Das Achte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII; ursprüngliche Fassung vom 26. Juni 1990) umfasst bundeseinheitliche Regelungen, die die Kinder- und Jugendhilfe betreffen. Besonders relevant für unsere Kinderschutzarbeit sind die §§ 8 und 8a, 74 und 78. bedeutsam für unsere Arbeit ist auch das 2012 in Kraft getretene Bundeskinderschutzgesetz, das sich für die Stärkung eines aktiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen einsetzt. So enthält es Regelungen zur Kooperation und Information im Kinderschutz. Es hat aber auch den § 8 des SGB VIII geändert und mit § 8b und § 79a SGB VIII zwei neue Regelungen eingeführt.
2.6 Unsere Vereinbarungen mit der Stadt Detmold
Wir haben mit der Stadt Detmold als Hauptzuschussgeber für die Finanzierung unserer Kinderschutzarbeit eine Reihe von Vereinbarungen getroffen. So haben wir uns zum Beispiel dazu verpflichtet, im Rahmen einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit unsere Leistungen und Dienste gemäß den gesetzlichen Standards zu erbringen. Auch gibt es zwischen der Stadt Detmold und unserem Verein Vereinbarungen zu folgenden §§ des SGB VIII (S. 2.5.): 8a (Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung), 61-65 (Datenschutz) und 72a (Eignung der Fachkräfte).
2.7 Unser Kinderschutzkonzept
Schließlich stellt auch dieses Kinderschutzkonzept eine wesentliche Grundlage für unsere Kinderschutzarbeit dar. Alle unsere haupt-, neben- und ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen sind diesem verpflichtet.
3.Machtmissbrauch und sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche – eine Begriffsklärung
Unerlässlich für das Verständnis dieses Kinder- und Jugendschutzkonzepts ist es, zu wissen, was unter Begriffen wie „Sexualisierte Gewalt“ und „Machtmissbrauch“ zu verstehen ist. Diese Begriffe erläutern wir im Folgenden.
Sexualisierte Gewalt an Kindern
In der Sozialwissenschaft versteht man unter sexualisierter Gewalt an Kindern „jede sexuelle Handlung, die an oder vor einem Kind entweder gegen den Willen des Kindes vorgenommen wird oder der das Kind aufgrund seiner körperlichen, emotionalen, geistigen oder sprachlichen Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen kann. Die Täter*innen nutzen ihre Macht- und Autoritätsposition aus, um ihre eigenen (sexuellen, emotionalen und sozialen) Bedürfnisse auf Kosten der Kinder zu befriedigen. Die Kinder werden zu Sexualobjekten herabgewürdigt“.
Kinder sind gemäß der UN-Konvention über die Rechte des Kindes, alle Menschen, die noch nicht 18 Jahre alt sind. (Deegener, Prof. Dr. Günther: Kindesmissbrauch. Erkennen – helfen – vorbeugen. Weinheim 2010, S. 22)
Machtmissbrauch
„Sexualisierte Gewalt jedweder Form ist ohne Machtmissbrauch nicht zu denken. Geistige, seelische, körperliche Überlegenheit oder spezifische Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Lebensqualität der Betroffenen verleihen Täter/innen jene Macht, die notwendig ist, um ihren Willen durchzusetzen und die Widerstände des Opfers zu brechen. Die Möglichkeit der Beweisführung der eigenen Mach über Andere ist zweifellos eine zentrale Triebfeder für (die) Ausübung der Taten.“ (Bundschuh/Huxoll: Machtmissbrauch. Sexualisierte Gewalt durch Mitarbeiter/innen in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, S. 180 – 199. In: Huxoll, M./Kotthaus, J. (Hrsg.): Macht und Zwang in der Kinder- und Jugendhilfe. 2012 Weinheim und Basel)
4. Die Elemente unseres Kinder- und Jugendschutzkonzeptes
4.1 Grundlage: die Handlungsleitlinie unseres Verbandes
Die Mitgliederversammlung unseres Bundesverbandes vom 16. Mai 2015 hat beschlossen, die Handlungsleitlinie für die Arbeit aller Einrichtungen und Dienste des DKSB einzuführen und die Orts- und Kreisverbände zu deren Umsetzung zu verpflichten. Ältere Beschlüsse des Verbandes zu Prävention und Intervention wurden mit diesem Beschluss aufgehoben.
4.2 Risikoanalyse
Ein unabdingbarer Bestandteil unseres Kinder- und Jugendschutzkonzeptes und letztlich eine Voraussetzung für viele darin vorzunehmende Schritte ist die Risikoanalyse. In der Handlungsleitlinie unseres Bundesverbandes heißt es (in Kap. 4.1) hierzu: „Sie ermöglichen die Auseinandersetzung mit und Sensibilisierung für Gefahrenpotentiale(n) und Gelegenheitsstrukturen, die sich im pädagogischen Arbeitsalltag ergeben können. In enger Zusammenarbeit mit allen Beteiligten wird einerseits die Verantwortung gestärkt, Risiken und Schwachstellen in der Organisation wahrzunehmen, zu erkennen und zu beheben. Andererseits ist sie ein Instrument für eine objektive Bestandsaufnahme, indem bereits erfolgreich umgesetzte Maßnahmen bestätigt und gestärkt werden. Damit ist die Risikoanalyse eine Grundlage für eine objektive Bestandsaufnahme und die Voraussetzung möglicher Entscheidungen, für Entwicklungs- im Anpassungsprozesse im Hinblick auf Maßnahmen im Bereich Prävention und Intervention in naher Zukunft der Organisation.“
Der Kinderschutzbund Detmold führt alle fünf Jahre ein Risikoanalyse durch, welche regelmäßig überarbeitet und angepasst wird. Durchgeführt wird die Risikoanalyse in Bezug auf alle bestehenden Arbeitsfelder und Angebote des Gesamtvereins, die Hortgruppe, die OGS, den Jugendclub, Café Lila, die Mobile Jugendarbeit und das Nachhilfeangebot. Selbstverständlich erfolgt eine solche Analyse zwischendurch immer auch dann, wenn über die Implementierung eines neuen Angebots in unserem Verein nachgedacht wird. Dabei wägen wir zwischen dem Nutzen und Potential eines Angebotes und den Risiken ab.
Wir verstehen eine Risikoanalyse als fortlaufenden Organisationsentwicklungs-prozess. Wichtig ist dabei auch eine funktionierende „Fehlerkultur“, die es unseren Mitarbeiter*innen ermöglicht, im vertrauensvollen Miteinander im Sinne des Kinder- und Jugendschutzes Fehler nicht nur zu erkennen, sondern auch zu thematisieren. Nur so können Risiken weitgehend minimiert und gegebenenfalls weitere notwendige Präventionsmaßnahmen entwickelt werden.
4.3 Auswahlverfahren für haupt-, neben- und ehrenamtliche Mitarbeiter*innen
Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass Menschen mit einer dauerhaften sexuellen Präferenz für Kinder bzw. Jugendliche daran interessiert sind, zu diesen Kontakt zu knüpfen, zum Beispiel in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Deshalb legen wir großes Augenmerk auf die Auswahl und Prüfung der Eignung unserer haupt-, neben- und ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen.
In unseren Gesprächen mit Bewerber*innen und Interessent*innen sprechen wir offensiv unsere und deren Einstellung und Überzeugung bezüglich Gewalt, Machtmissbrauch, Nähe und Distanz an und erfragen auch die Motivation, sich in unserem Verein engagieren zu wollen. Mit einer klaren Ansprache machen wir deutlich, dass der Schutz der von uns betreuten Kinder und Jugendlichen vor Machtmissbrauch und sexualisierter Gewalt durch eigene Mitarbeiter*innen eine zentrale Bedeutung in unserem Verein hat.
4.4 Passive Mitglieder
Unsere Aufmerksamkeit gilt auch Menschen, die uns als passive Mitglieder unterstützen möchten. Vor der Annahme einer Beitrittserklärung zu unserem Verein informiert sich der Vorstand mit Hilfe ihm öffentlich zugänglicher Quellen, inwieweit die Antragsteller*innen in der Vergangenheit nachweislich dem Kindeswohl geschadet haben uns/oder ob sie vermuten lassen, dass sie sich nicht unserem Leitbild verpflichtet fühlen. Bei entsprechenden Informationen behält der Vorstand sich vor, die Aufnahme in unseren Verein abzulehnen.
4.5 Erweitertes Führungszeugnis
Alle Menschen, die in unserem Verein mitarbeiten möchten, egal, ob haupt-, neben- oder ehrenamtlich, müssen ein aktuelles Erweitertes Führungszeugnis vorlegen. Nach fünf Jahren muss ein erneuter Nachweis erbracht werden. Sollte das Erweiterte Führungszeugnis Einträge nach den §§ 171 – 236 Strafgesetzbuch enthalten oder aus der Erklärung hervorgehen, dass ein Verfahren aufgrund der o.g. Paragrafen anhängig ist, lehnen wir eine Mitarbeit im Kinderschutzbund Detmold ab.
4.6 Verhaltenskodex
Der Verhaltenskodex (siehe Anhang) wurde von uns im Rahmen der Erarbeitung eins Kinder- und Jugendschutzkonzeptes neu aufgelegt. Somit werden alle zukünftigen Mitarbeiter*innen zu Beginn ihrer Tätigkeit im Kinderschutzbund einen Verhaltenskodex erhalten, den einzuhalten sie sich schriftlich verpflichten müssen. Dies gilt selbstverständlich auch für alle bereits angestellten Mitarbeiter*innen. Ohne eine solche unterschriebene Verpflichtungserklärung ist eine Mitarbeit in unserem Verein nicht möglich. Unser Verhaltenskodex füllt das Leitbild unseres Verbandes mit Leben. Er gibt den Mitarbeiter*innen eine Orientierung und stellt gleichzeitig eine Verpflichtung seitens unseres Vereins sowie eine Selbstverpflichtung seitens der Mitarbeiter*innen dar. In unserem Verhaltenskodex beschreiben wir fachlich angemessene Verhaltensweisen im Umgang mit den von uns betreuten Kindern und Jugendlichen. Im Kodex machen wir zudem deutlich, welches Verhalten zu unterlassen ist und von uns nicht geduldet und ggf. sanktioniert würde, weil es unangemessen ist. Der Kodex bietet den Mitarbeitenden, wie auch dem Vorstand eine Verhaltenssicherheit. Wir machen mit dem Verhaltenskodex deutlich, was Kinder- und Jugendschutz in unserem Verein bedeutet und wie er gelebt werden muss.
4.7 Sanktions- und Disziplinarmaßnahmen
Häufig und in erster Instanz reichen persönliche Gespräche aus, um notwendige Verhaltensänderungen zu vereinbaren. Selbstverständlich verfügen wir auch über die Möglichketen mit Sanktions- und/oder Disziplinarmaßnahmen die Einhaltung von Regeln und das Befolgen von Anweisungen sicher zu stellen. Dies kann mit Hilfe von Ermahnungen, Abmahnungen, Verweisen oder gar der Geltendmachung des Hausrechtes geschehen.
4.8 Stärkende Organisationsstruktur
Damit unsere Einrichtung ein sicherer Ort für Kinder und Jugendliche sein kann, bedarf es einer stärkenden Organisationsstruktur. Es ist für uns nicht nur eine Notwendigkeit, sondern auch eine Selbstverständlichkeit, uns regelmäßig zu hinterfragen und gemeinsam über den Schutz der uns anvertrauten Menschen zu reflektieren. Dabei schauen wir auf die Potenziale und Kompetenzen unserer Mitarbeiter*innen. Gleichzeitig haben diese die Verantwortung hinzuschauen und über Regelverstöße nicht zu schweigen. Hierzu bedarf es einer konstruktiven Fehlerkultur, die immer wieder gestärkt werden muss. Diese beinhaltet den offenen Umgang mit eigenen Fehlern und denen anderer, sie müssen angesprochen und gemeinsam reflektiert werden. Hierzu bedarf es „einer Atmosphäre des Vertrauens und der Angstfreiheit (Fehler dürfen passieren), der Offenheit (Fehler dürfen bekannt werden) und der Transparenz (Fehler dürfen hinterfragt werden), um eine konstruktive Fehlerkultur langfristig zu institutionalisieren.“ (DKSB Landesverband NRW „Sexualisierte Gewalt durch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an Mädchen und Jungen in Organisationen“ – Eine Arbeitshilfe; S. KA-508). Wir als Verein, Mitarbeiter*innen, Leitung und Vorstand haben die Aufgabe eine solche Atmosphäre weiterhin aufrecht zu erhalten.
4.9 Förderung der Teilnahme an Fort- und Weiterbildungen
Für den aktiven Kinder- und Jugendschutz ist es notwendig Mitarbeiter*innen ständig weiter zu qualifizieren. Wir fördern dies, indem wir den Mitarbeitenden die Möglichkeit bieten an Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen teilzunehmen. So soll ein zusätzlicher Wissenserwerb, der Austausch mit anderen Fachkräften und damit die Auseinandersetzung und Sensibilisierung mit Kinder- und Jugendschutz ermöglicht werden.
4.10 Beschwerdemanagement
Kinder und Jugendliche müssen nicht nur darüber informiert sein, welche Rechte sie haben, sondern auch, an wen sie sich wenden können, wenn diese Rechte verletzt worden sind. In all unseren Angeboten pflegen wir eine offene Gesprächskultur mit den uns anvertrauten Kindern und Jugendlichen. Wir klären sie über ihre Rechte auf und zeigen Wege auf mit Grenzüberschreitungen umzugehen. Hierzu gehört auch der Umgang mit Grenzüberschreitungen in unserer eigenen Einrichtung. Auch hier werden Kinder, Jugendliche und Eltern darüber informiert, bei wem sie sich beschweren können. Hierzu steht unsere pädagogische Leitung, wie auch die stellvertretende Leitung und eines unserer Vorstandsmitglieder zur Verfügung. Auf unserer Homepage kann man sich über die Kontaktdaten informieren. Per E-Mail oder telefonisch können sich Kinder, Jugendliche, Eltern oder andere Personen in Bezug auf das Verhalten unserer Mitarbeiter*innen aber auch über die Ausgestaltung unseres Angebots beschweren. Da wir eine offene, konstruktive Fehlerkultur pflegen, betrachten wir Beschwerden als Anregungen zur Verbesserung unserer Arbeit, als konstruktiven Austausch mit unseren Mitmenschen und als hilfreichen Baustein zur Vorbeugung von sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen.
4.11 Intervention bei einem vermuteten/tatsächlichen Machtmissbrauch oder sexualisierter Gewalt
Ein wirksames Kinder- und Jugendschutzkonzept beinhaltet auch ein Kriseninterventionskonzept. Dieses soll für alle Mitarbeiter*innen, die Leitung und den Vorstand genaue Handlungsabläufe darstellen, die im Falle eines vermuteten oder auch tatsächlichen Machtmissbrauchs oder auch sexualisierter Gewalt, Struktur bieten. In derartig emotionalen Situationen ist es hilfreich genau zu wissen, welche Schritte eingeleitet werden müssen, wer die Verantwortlichen sind und wer informiert werden muss und welche die Kontaktdaten sind.
Das Kriseninterventionskonzept befindet sich im Anhang dieses Kinder- und Jugendschutzkonzepts.
4.12 Institutionelle Aufarbeitung von neu aufgetreten Fällen eines Machtmissbrauchs und/oder sexualisierter Gewalt in unserem Verein
Unabhängig davon, ob ein Verdacht ausgeräumt werden konnte, ob der Sachverhalt nicht zu klären war oder aber ein konkreter Machtmissbrauch bzw. konkrete sexualisierte Gewalt sattgefunden hat, verpflichten wir uns zu Reflexion und Überprüfung fachlicher Standards und Abläufe sowie begünstigender Strukturen im Verein, zu einer erneuten Prüfung von Risikofaktoren im betroffenen Arbeitsfeld, zur Analyse der Täter*innen-Strategie, zur Überprüfung der geleisteten internen Kommunikation sowie zur Erstellung einer Abschlussdokumentation, die dem Landesverband NRW und dem Bundesverband des DKSB zur Verfügung zu stellen ist. Unter Umständen werden juristische und/oder sozialwissenschaftliche Fachkräfte zu Rate gezogen. Hierfür sind finanzielle und personelle Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Ein solcher Aufarbeitungsprozess wird sicherlich – wenn er nachhaltig sein soll – ein langfristiger sein müssen. Er kann nur gelingen, wenn ihn die Verantwortlichen im Verein aus Überzeugung von der Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit unterstützen und en tatsächlichen Willen haben, aus dem Geschehenen zu lernen und Verbesserungen von Strukturen, Abläufen und Haltungen umzusetzen.
4.13 Partizipation und Prävention
Die Partizipation aller Kinder und Jugendlichen an Entscheidungen, die sie betreffen, gemäß ihrem Entwicklungsstand ist ein zentrales Kinder- und Jugendrecht und gleichzeitig grundsätzlich auch ein wichtiger Teil eines Schutzkonzeptes in Einrichtungen, die hierzu arbeiten. Seit jeher werden in unserem Verein Kinder und Jugendliche aktiv an Prozessen beteiligt. Dies geschieht zu jedem Zeitpunkt des Prozesses. So werden Ideen, Wünsche und Kritik zu Projekten, Ausflügen oder die Gestaltung unserer Räumlichkeiten seitens der Kinder und Jugendlichen von uns aufgegriffen und bei der Umsetzung berücksichtigt. Konkret möchten wir exemplarisch auf unseren Jugendclub eingehen: Die Wandfarbe des Jugendclubs wurde von einigen Jugendlichen kritisiert und der Wunsch nach einer neuen Gestaltung geäußert. Daraufhin wurden die Jugendlichen selbst mit der Farbauswahl und Ausgestaltung beauftragt und konnten dann die Malerarbeiten gemeinsam mit den Mitarbeitern*innen selbst ausführen. Auch beim Kochen für Mädchen und junge Frauen können die Teilnehmer*innen in der Gruppe entscheiden, was sie kochen möchten, die Zutaten dafür einkaufen und dann unter Anleitung gemeinsam kochen. Gleichermaßen wird auch in unseren anderen Einrichtungen (Hort, OGS, Mobile Jugendarbeit) verfahren. Demnach haben die Besucher*innen unserer Einrichtungen die Möglichkeit sich aktiv an der Planung aber auch der Umsetzung von Aktivitäten zu beteiligen. Partizipation findet demzufolge sehr organisch jeden Tag im gemeinsamen Alltag statt und wird in unserem Verein aktiv gelebt.
Dies ist nur ein Baustein der Prävention. Zusätzlich betreibt der Verein Prävention in Form von Elternarbeit, Öffentlichkeitsarbeit, wirkt in Gremien wie den Sozialraumkonferenzen und Arbeitskreisen mit und setzt sich auch politisch für den Schutz und die Rechte von Kindern und Jugendlichen ein. Zudem hat der Kinderschutzbund Detmold diverse Kooperationspartner*innen, wie beispielsweise andere Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit, die Drogenberatung, Schulen oder die Stadt Detmold.
Kinder und Jugendliche über ihre Rechte aufzuklären, Informationen hierzu weiterzugeben und für Fragen zur Verfügung zustehen ist ein weiterer Teil unserer Präventionsarbeit (siehe 4.10 Beschwerdemanagement). Natürlich zählt hierzu auch die Aufklärung über Maßnahmen, die sie ergreifen können oder Personen, an die sie sich wenden können, falls ihre Rechte verletzt werden.
5. Schlusswort
Zunächst möchten wir voranstellen, dass wir uns bei der Erarbeitung eines erneuerten Kinder- und Jugendschutzkonzeptes für unseren Verein innerhalb des Dachverbandes und auch bei anderen Vereinen informiert haben und deren bereits bestehende Konzepte zu Rate gezogen haben. Dabei ist das Kinder- und Jugendschutzkonzept des Kinderschutzbundes Münster ganz besonders ins Auge gefallen und wir haben uns nicht nur daran orientiert, sondern große Teile davon übernommen, da wir es auch für unseren Verein und die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen für sehr praktikabel und qualitativ sehr hochwertig halten.
Der Prozess der Erarbeitung eines Kinder- und Jugendschutzkonzeptes, welches für den gesamten Verein gültig ist, findet bei uns kontinuierlich statt. In der Auseinandersetzung mit dem Thema Kinder- und Jugendschutz haben wir festgestellt, dass dieser in unserem Verein praktiziert und gelebt wird und vielen Mitarbeiter*innen als Antrieb für ihre Arbeit dient. Während des Prozesses der Risikoanalyse können allerdings auch immer wieder einige blinde Flecke aufgedeckt werden und eine intensive Reflexion angestoßen werden. Unser aktuelles Kinder- und Jugendschutzkonzept sehen wir, als verschriftlichte Grundlage unserer Arbeit, die sich stetig im Prozess befindet und immer wieder reflektiert und geprüft werden muss.